Fotoverbot im Restaurant?

Heston Blumenthal, das hochbegabte Enfant terrible der Londoner Gourmetszene, ist bekannt für seinen kompromisslosen Kochstil mit Gerichten wie Curry-Glace oder Fischaugen-Cocktail. Und auch bei der Erziehung seiner Gäste ist der Brite nicht zimperlich. Das Fotografieren der Speisen ist in Blumenthals mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant Fat Duck nur noch auf diskrete Art und Weise erlaubt. Will heissen: im Sitzen und ohne Blitz. Wer sich den Regeln widersetzt, muss gehen.
Zu Blumenthals Ärger hatten dokumentierwütige Food-Porn-Fans im Fat Duck Stative aufgestellt oder waren sogar auf Stühle gestiegen, um die Kreationen auf dem Teller für die spätere Verbreitung auf Social-Media-Kanälen besser ablichten zu können. Ein Phänomen, das auch hierzulande verbreitet ist?
50 Prozent der Gäste machen Bilder von ihrem Essen
Im Mesa, wo sich Antonio Colaianni 17 «Gault Millau»-Punkte und einen Michelin-Stern erkocht hat, fotografiert laut Restaurantleiter Reinhard Mayrböck schon jeder zweite Gast sein Essen. «Verhält er sich dabei einigermassen unauffällig, darf er das nicht nur mit dem Handy tun, sondern auch mit einer professionelleren Kamera», sagt Mayrböck. «Ästhetische Bilder aus unserem Restaurant sind durchaus eine Form der Werbung, dagegen haben wir nichts. Der Blitz aber ist tabu.»
Es brauche ein gewisses Fingerspitzengefühl im Umgang mit dem neuen Phänomen. Immerhin sei das Dokumentieren der kulinarischen Erlebnisse den Menschen ganz offensichtlich ein Bedürfnis. «Aber», so betont der Mesa-Restaurantleiter, «es kommen ja auch viele Gäste für ein romantisches Essen zu uns. Ihre Interessen sind genauso zu respektieren.»
Noch keine Stuhlkletterer im Dolder
«Wir spüren im The Restaurant, dass mehr Bilder gemacht werden als vor dem Social-Media-Zeitalter, feste Regelungen haben wir aber deswegen nicht aufgestellt», sagt Vanessa Flack, die PR-Verantwortliche des Dolder Grand.
Dass jemand auf einen Stuhl geklettert sei, um die mit zwei Michelin-Sternen prämierten kulinarischen Kunstwerke von Chef Fine Dining Heiko Nieder zu fotografieren, habe sie – zum Glück – noch nicht gehört. «Die Klientel im The Restaurant sind eher diskrete Menschen.» Das Dolder-Personal würde Gäste, die mit Blitz oder allzu umständlichem Fotogebaren auffallen, nötigenfalls freundlich ansprechen und um Mässigung bitten. Generell gelte, dass die Ambiance und der Gästebetrieb nicht gestört werden dürften.
«Die Leute sollen sich frei fühlen»
Die Betreiber des mit einem Michelin-Stern geadelten Restaurants Maison Manesse im Kreis 3 stehen dem Fotografieren prinzipiell positiv gegenüber. «Bilder unseres Essens auf den Social-Media-Plattformen sind gratis Werbung, das stimmt schon. Zudem wollen wir kein steifes Lokal sein, sondern ein Ort, an dem sich die Leute frei fühlen», sagt Miguel Ledesma, der sich um die Betreuung der Gäste kümmert. «Wenn jemand den Blitz oder eine grosse Kamera benutzt, nehmen wir ihn aber genauso freundlich zur Seite, wie wenn er sich mehr mit dem Fotografieren als mit dem Essen und seinem Gegenüber beschäftigt.»

Quelle: Tagesanzeiger.ch
Autor: Alexander Kühn

Bild: Alisa Connan

Zurück zum Blog

Ähnliche Beiträge

Das Erfolgsrezept der Berner Quartier-Cafés

Aus dem Quartier, für das Quartier: Zwei Berner Kafis reiten auf der Erfolgswelle. Dies kommt nicht...

Tim Raue ist neuer kulinarischer Berater der Tertianum Premium Residences

Mit dem Berliner Spitzenkoch Tim Raue haben die Tertianum Premium Residences erstmals einen...

St. Moritz – Gourmet Festival 2017

Das St. Moritz Gourmet Festival 2017 lockt mit hochkarätigen Köchen aus den Vereinigten Staaten,...