"Ich stand am Herd, Benoît schrieb mit"

Der „petit café“, die kleine Kaffeepause vor dem Mittag, fehlt Franck Giovannini besonders. Bei diesem täglichen Ritual gingen er und Benoît Violier die Reservationen durch, besprachen letzte Details, scherzten. Dann waren die Spitzenköche bereit für die Performance im Restaurant de l’Hôtel de Ville in Crissier bei Lausanne, einem der weltweit besten Restaurants. Mit 19 „Gault Millau“-Punkten und 3 Michelin-Sternen, die höchstmögliche Auszeichnung in der Schweiz, ist Crissier für Gourmets einer der wichtigsten Pilgerorte überhaupt.
Seit Benoît Violier, Aushängeschild des Hauses, am 31. Januar Suizid beging, gibt es den „petit café“ nicht mehr. Franck Giovannini, seit Violiers Tod „directeur de cuisine“, dirigiert die gut 20-köpfige Küchenequipe alleine. Er muss vieles, das er mit seinem Weggefährten teilte, selber entscheiden: „Es gibt keine zwei Meinungen mehr“, sagt Giovannini. Während rund zwanzig Jahren hätten sie 16 Stunden pro Tag eine Verbundenheit und Freundschaft genossen, wie man sie wohl nur einmal im Leben habe. Sogar die Freizeit verbrachten sie manchmal zusammen – Giovannini begleitete Violier auch auf der Jagd.

Blubbernde Saucen

Seit acht Uhr ist der 42-jährige Giovannini im Betrieb. Er sitzt in einem Ledersessel im Fumoir im ersten Stock des Restaurants, seine Beine wackeln wie bei einem kleinen Jungen hin und her. Vor dem offenen Fenster lernen ungelenke Zivilschützer, wie man den Verkehr regelt. Am Eingang des Restaurants poliert ein Mitarbeiter den Türknauf, in der Küche blubbern die Saucen.
Im Hôtel de Ville geht seit Violiers Tod fast alles weiter wie gehabt. Die ganze Equipe blieb – ausser der Pressefrau. „Wir schulden den Gästen Kontinuität und sind permanent ausgebucht. Auch die Kochkurse, die wir aufgebaut haben, laufen bestens“, sagt Brigitte Violier, die Ehefrau des verstorbenen Sternekochs. Sie führt das Restaurant als Patronne nun alleine, und es ist ihr wichtig, dass sie sich kurz vorstellen kann. Im Treppenhaus liess sie Erinnerungsfotos von ihrem Mann aufhängen. Man sieht ihn, stets lächelnd, bei einem Ausflug in den Chasseral oder bei einem Werbefilmdreh für Freiburger Käse.
Brigitte Violier ist im Gesicht schmaler geworden. Sie wirkt tapfer, entschlossen. „Es gibt Leute, die glauben, das Haus sei verwünscht, weil innerhalb eines Jahres nicht nur Benoît, sondern auch sein Vorgänger Philippe Rochat starb.“ Dieser kam im Sommer 2015 nach einem Schwächeanfall bei einem Radsportausflug ums Leben. „Es sind furchtbare Dinge passiert“, sagt Frau Violier, „aber das ist das Leben. Wir müssen damit zurechtkommen.“ Auch damit, dass es auf den Tod von ihrem Mann keine Antworten gäbe. Job, Familie, Ehe – an diesem Leben gab es nichts auszusetzen.
Die Witwe betont, dass Giovannini „nur ein Baustein des Restaurants“ sei. Das ganze Erbe und die Tradition des Restaurants, das seit mehr als vierzig Jahren besteht, seien ebenso wichtig wie seine Köche Girardet, Rochat, Violier und Giovannini. Das Restaurant sei eine Art „Gesamtkunstwerk“. Angestellte wie Louis Villeneuve, Chef de Service, kennen mittlerweile drei Generationen von Gästen. Er arbeitet seit über 40 Jahren in Crissier.
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Bild: Pierre-Michel Delessert

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