Ein Drink an der Bar mit Mark van Huisseling

Mark van Huisseling ist ein landesweit bekannter Lifestyle- und People-Journalist. Wöchentlich schreibt er in der «Weltwoche» über Prominente und angesagte Events. Er hat zwei Bücher veröffentlicht: «How to be a Star» und[nbsp] «Wie man berühmte Leute trifft». Mark van Huisseling wird MvH genannt. Er lebt in Zürich.

(Mark van Huisseling kommt ca. 15 Minuten zu spät.)

MvH: Bitte entschuldigen Sie, dass ich zu spät komme.
Storyline: Mark van Huisseling entschuldigt sich?!
MvH: Ich produziere gerade die Sonderausgabe Luxus für die Weltwoche, es war viel los.
Wir sind hier im «Max [&] Moritz», in Zürich, direkt unterhalb der Weltwoche-Redaktion. In welcher Bar hätten wir uns getroffen, wenn Sie mehr Zeit gehabt hätten?
MvH: Wahrscheinlich in der Kronenhalle-Bar. Nicht weil ich es besonders gut finde, es ist sogar so, dass ich Herrn Roth (der Barkeeper-Weltmeister, die Red.) nicht richtig sympathisch finde. Aber die Bar ist sehr schön. Und sehr ruhig. Es ist eine der wenigen Bars, in denen keine Musik läuft. Das finde ich gut. Die Menschen passen sich dem an und sprechen leise. Es gibt zwar ab und zu Deutsche, die Krach machen, aber das sind Fremdkörper, bei denen man merkt, dass sie die Hausetikette nicht kennen.
Gibt es noch andere Bars, die Ihnen gefallen?
MvH: Ich mag Hotelhallen, in denen man etwas konsumieren kann. Das finde ich lässig. Ich bin oft unterwegs. Die Anlässe, die ich besuche, finden abends statt. Das ist etwas vom Lässigsten, wenn ich nachmittags in einem grossen Hotel ankomme, meistens ein Fünfsterne-Hotel, mich in die Halle setze, ein Clubsandwich esse, eine Cola trinke oder ein Glas Bordeaux, und dazu die Herald Tribune lesen kann.
In welchen Hotels pflegen Sie dieses Ritual am liebsten?
MvH: Das Four Seasons in Mailand ist dazu sehr geeignet. Oder das Atlantic in Hamburg, dort sind zwar die Zimmer nicht so gut, dafür das Clubsandwich. Das Claridge’s in London ist richtig gut, obwohl man dort nicht in der Halle ist, sondern in der Bar. Und obwohl das Clubsandwich dort etwa so viel kostet wie 14 Tage Urlaub in Bulgarien… In Paris ist es natürlich das George V.
Natürlich.
MvH: Oder das Plaza Athénée, aber es muss gar nicht so dermassen highend sein.
Aha?
MvH: Es gibt in Paris zum Beispiel ein Viersterne-Stadthotel, das Le Dokhan’s im 16. Arrondissement, das ist klein, hübsch und die Bar ist ganztags geöffnet. Sehr angenehm. Und ebenfalls gut, aber wieder Fünf Sterne, ist das Hassler in Rom. Das gehört ja einem Römer mit Schweizer Herkunft ursprünglich, Ivano Wirth.

Roberto Wirth. Was macht ein gutes Clubsandwich aus?

MvH: Ich habe mal nach Clubsandwich-Rezepten gegoogelt. Es gibt etwa drei verschiedene Rezepte, die behaupten, die einzig wahren zu sein. Ich glaube, es gehören gebratener Speck, Pouletbrust, ein pochiertes Ei und etwas Salat mit einer Art Tatar-Sauce hinein. Aber keine Mayonnaise! Viele geben Mayonnaise dazu aus Bequemlichkeit. Das Ganze sollte dann höchstens lauwarm serviert werden. Deshalb muss man auf ein gutes Clubsandwich mindestens 25 Minuten warten. Sonst ist es kein echtes. Ich finde übrigens, dass sie[nbsp] im Hotel Zürichberg, das ja dem Frauenverein gehört, ein sehr gutes Clubsandwich servieren. Und das im Sprüngli ist ebenfalls gut und das im Chez Fritz in Wädenswil, das ist eine Seglerbeiz.
Ich segle nicht. Kennen Sie das in der Old Fashion Bar in Zürich?
MvH: Nein, aber ich könnte mir vorstellen, dass die die Kompetenz dazu haben. Wobei jetzt gehört die Bar ja einer Russin. Ob die das kann?
Also geführt wird die Old Fashion Bar von Eric und Andrea Haemmerli, die auch den Bederhof betreiben. Die sind gut. Was trinken Sie?
MvH: Ich möchte Sie nicht mit Krankengeschichten langweilen.
Ich bitte Sie.
MvH: Ich bin Migräne-Patient. Und hochprozentiger Alkohol kann bei mir Migräne auslösen. Daher trinke ich nichts über 25 Volumenprozent. Da bleibt noch Averna, oder sonstige Bittergetränke aus Italien. Mit Eis. Ich mag auch gerne Champagner, aber es sieht immer leicht schwul aus, wenn man als Mann in einer Bar Champagner trinkt. Die Deutschen servieren ihn deshalb im Longdrink-Glas mit Eis. Das sieht gleich viel männlicher aus. Oder ein Glas Bordeaux geht immer. Auch wenn das etwas nach Altherren-Lifestyle klingt.
Versuchen Sie den zu vermeiden?
MvH: Total. Nichts Schlimmeres als ältere Herren, die einem von frisch gepresstem Olivenöl aus der Toscana erzählen… Ich mag das zwar auch, aber man sollte nicht darüber reden.
Reden wir über Sie. Sie haben ja dieses Buch geschrieben: «Wie man berühmte Leute trifft». Nun sind Sie selber etwas bekannt. Werden Sie angesprochen?
MvH: Ja, zunehmend. Oft im kontextuellen Rahmen. Also selten im Tram. Aber auf Veranstaltungen kommen einige Leute und sagen, sie hätten mich im TV gesehen. Das ist eigentlich erstaunlich für einen Print-Journalisten.
Erstaunlich? Sie arbeiten ja schon ein Bisschen daran, bekannter zu werden.
MvH: Ein Bisschen ist untertrieben. Das ist meine Hauptbeschäftigung. Ich mache zwei Dinge: Geld verdienen mit meiner Arbeit sowie mich als Marke aufbauen und positionieren.
Erzählen Sie uns von einem schlimmen Gastronomie-Erlebnis.
MvH: Ein, sagen wir, nicht so gutes und vor allem aktuelles Erlebnis – nach den Style-Awards im PKZ vergangenen Dienstag, wo ich in der Jury war, ging ich mit meiner Freundin essen. Wir gingen wie so oft ins Restaurant Bindella. Es war Dienstagabend und es kam zu einer typischen «22Uhr20»-Situation: Die Küche war noch offen, man kann bis um 23Uhr bestellen, glaube ich. Aber die meisten Gäste sind bereits am Gehen oder sitzen beim Café. Es gab genügend freie, aufgedeckte Tische. Aber der zuständige Kellner platzierte uns zwischen zwei Tische, an denen angetrunkene Leute sassen. Und dann, bevor man bestellen kann, wird gegenüber zuerst noch ein Sechser-Tisch eingedeckt. Obwohl vermutlich an diesem Abend keine sechs Leute mehr kommen werden. Kommt aber der Kellner nicht, muss man ihn ja als Mann – wenn man mit der Partnerin unterwegs ist – rufen, um zu bestellen, sonst ist man, wie man in Bern sagt, das Poulet. Der erwiderte knapp, «ja, gleich» und du beobachtest ihn wie er denkt, was für ein Idiot du bist, weil du nicht siehst, dass er am Aufdecken ist…
Eine Frage der Priorität.
MvH: Eine Prioritätenfehlgewichtung! Wenn einer reinkommt, der schon oft dort war, sollte man ihm erstens einen anständigen Tisch geben und keinen zwischen lallenden Gäste. Und zweitens sollte sich der Gast willkommen fühlen, auch wenn es bereits zwanzig nach zehn ist. Ehrlicherweise muss ich sagen, dass dann doch noch fünf Gäste, Russen, kamen und sich an den frisch gedeckten Sechsertisch setzten.
Passiert Ihnen das oft?
MvH: Nein, im Gegenteil. Man kennt mich, weil ich oft ausgehe und über diese Sachen schreibe. Und die Behandlung, die mir widerfährt, ist meistens super. Beim vorherigen Erlebnis kam dann auch noch der stellvertretende Geschäftsleiter oder so und versuchte, den Fauxpas seines Mitarbeiters auszubügeln, in dem er dreimal fragte, ob alles gut sei, man noch etwas Käse möchte und so weiter. Aber es gibt keine zweite Chance, einen guten ersten Eindruck zu machen, es war einfach nicht cool.
Nicht gerade eine schlimme Situation.
MvH: Es ist ein Luxusproblem, das stimmt. Aber es zeigt auch, auf wie hohem Niveau die Zürcher Gastronomie funktioniert.
[nbsp]
Welches sind Ihre Lieblingsrestaurants?
MvH: Mein Lieblingsrestaurant in Zürich ist das Napoli da Gerardo. Ich mag Gerardo, er ist in meinen Augen der Wirt in Zürich, der den Namen «Gastgeber» wirklich verdient. Es ist ein sehr grosszügiger und liebenswerter Typ – weil er nicht perfekt ist. Wenn man dort reserviert, kanns sein, dass man eine Viertelstunde auf den Tisch wartet und danach noch einmal so lange auf das gratis Cüpli, das als Willkommensgetränk serviert wird. Bei Gerardo stört mich das nicht, weil man sieht, dass er sich seine Seele aus dem Leib krampft. Das geht manchmal fast ein Bisschen in Richtung Erlebnis-Gastronomie bei ihm, wenn auch unfreiwillig… Und, habe ich das schon gesagt?, das Essen im Napoli schmeckt mir richtig gut.

Gehört das zu Ihrer Imagebildung, dass Sie manchmal ein schwieriger Gast sind?

MvH: Ich möchte eigentlich nicht schwierig sein. Aber ich möchte als anspruchsvoller Gast erscheinen, der auch etwas zurückgibt, wenn es gut ist. Ich bin derjenige, der von Restaurants spricht und darüber schreibt. Ich finde, ich bin ein höflicher Mensch, ich sage immer bitte und danke und ich gebe anständig Trinkgeld. Natürlich bin ich nicht aus Gold und ich bin auch kein Oligarch, der seinen Espresso mit einer hunderter Note bezahlt und den Rest als Trinkgeld gibt.
Wie viel Trinkgeld geben Sie?
MvH: Also bei einem Nachtessen für zwei Personen für 200 Franken[nbsp] gebe ich bis 20 Franken, falls alles gut war. [nbsp]
Das klingt ja alles nett. Trotzdem gelten Sie als arrogant.
MvH: Ja, das stimmt. Das kommt häufig vor bei Leuten, die mich nicht kennen. Ich kann niemanden zwingen, mich zu mögen. Wenn mich Menschen kennen lernen, heisst es danach immer, ah, du bist ja gar nicht so… Klar, man sieht einen Typen mit Sonnenbrille, der viel von sich selber labert und erzählt, er habe Erfolg. Und der ein schönes Auto fährt. Es ist immer brutal, jemanden zu sehen, der Erfolg hat. In der Schweizer Illustrierten schrieb ein Journalist einmal über mich, ich sei arrogant. Das hatte er von einer Frau, die sagte, sie sei im Tram neben mir gesessen und habe mir beim Telefonieren zugehört. Dabei sei ich unsympathisch gewesen.
Das kann man so stehen lassen. Nur: Genau aus diesem Grund telefoniere ich nie im Tram. Wenn mich dort jemand anruft, nehme ich nicht ab.
Woher rührt dann dieser Vorwurf?
MvH: Weil ich zum Beispiel immer sage, dass ich meine Lösung für ein Problem oder meine Ideen zu einer Sache, als die besten ansehe. Ich bin nicht der Meinung, ich habe die einzige Lösung. Aber ich bin von meiner Lösung überzeugt. Weil, wenn ich eine bessere wüsste, würde ich ja diese präsentieren.
Und das ist eher überheblich, oder?
MvH: Nicht unbedingt. Klaus Stöhlker, den ich gut kenne, ist mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert. Und er sagt immer, für sein Tageshonorar von 10’000 Franken oder so müsse er ein Besserwisser sein. Denn wenn jemand so viel bezahle, dann wolle er auch, dass es der Stöhlker besser wisse.
Die Weltwoche, für die Sie Ihre Kolumnen unter anderem schreiben, gilt bei links-liberalen Menschen eher als Blatt der Rechten. Ist das ein Problem für Sie?
MvH: Die Weltwoche hat teilweise sehr zugespitzte Artikel, was auch etwas mit einer Marktnotwendigkeit zu tun hat. Die Weltwoche ist ein Nischenmedium, das mausbeinallein da steht, ohne quersubventionierenden Verlag. Sie muss aufregen. Ich bin ursprünglich Ökonom und meine Haltung ist wertkonservativ und wirtschaftsliberal. Aber ich bin nicht parteipolitisch orientiert. Das überzeugte mich nie, dass eine Partei in allem Recht haben soll. Die Frage war, ob die politische Stossrichtung der Weltwoche für mich ein Problem sei. Nein. Ich bin der Kolumnist, der über die schönen und leichten Seiten des Lebens schreibt.
Nehmen Sie am politischen Prozess teil? Stimmen Sie ab und wählen Sie?
MvH: Weder das eine noch das andere. Das ist traurig, oder?
* Mark van Huisselings Bücher «How to be a Start» und «Wie man berühmte Leute trifft» sind im Buchhandel erhältlich.
Ein Drink an der Bar mit…. powered by Storyline
 
Bild: Hoffmann und Campe
Archiv

Zurück zum Blog

Ähnliche Beiträge

Ein Drink an der Bar mit Mark van Huisseling

Mark van Huisseling ist ein landesweit bekannter Lifestyle- und People-Journalist. Wöchentlich...

Ein Drink an der Bar mit Sarda

Daniela Sarda von der Band «SARDA» gehört zusammen mit Heidi Happy oder Sophie Hunger zu den...

Ein Drink an der Bar mit Daniela Sarda

Daniela Sarda von der Band «SARDA» gehört zusammen mit Heidi Happy oder Sophie Hunger zu den...