Alte Joghurts sollen Grüne beflügeln

Staatlich festgelegte Ablaufdaten für Joghurts und eine Steuer auf Nahrungsabfälle: Mit Vorschlägen gegen die Verschwendung wollen die Jungen Grünen ihrer Mutterpartei aus dem Tief helfen.

Die Grünen haben laut Politologe Lukas Golder ein Problem: Ihnen fehlt ein Grossthema – wie es das Waldsterben und später der Klimawandel waren. Der grüne Parteinachwuchs glaubt nun, ein zugkräftige Materie gefunden zu haben: den Kampf gegen die Verschwendung von Lebensmittel.

In den letzten Wochen sorgten Berichte für Aufsehen, dass in der Schweiz ein Drittel der geniessbaren Lebensmittel im Abfalleimer landet. Schuld daran sind erstens Konsumenten, die sich weigern, ihr Erdbeerjoghurt nach dem Ablaufdatum zu essen. Zweitens die Verarbeitungsindustrie, die «minderwertige» Ware aussortiert – etwa Kartoffeln oder Gurken, die zu klein oder zu unförmig für den Handel sind. Und drittens die Detailhändler, die abgelaufene Waren entsorgen. In ihren Mülltonnen landen allerdings nur fünf Prozent der Gesamtmenge.

Detailhändler im Visier
Dennoch nehmen die Jungen Grünen nun Migros, Coop und Co. ins Visier. Wie Co-Präsident Andreas Lustenberger gegenüber 20 Minuten Online erklärt, wird die Jungpartei den Konsum bei ihrer Mitgliederversammlung am Sonntag zu einem neuen Kampagnen-Schwerpunkt erklären. Mit zwei Massnahmen wollen Lustenberger und seine Mitstreiter die Verschwendung stoppen:

• Die Supermarkt-Ketten sollen künftig eine Art Lenkungssteuer auf ihre Lebensmittelabfälle bezahlen. Das soll dazu führen, dass sie nur noch dann Essen wegwerfen, wenn es wirklich nötig ist. Mit dem Geld wiederum sollen Bauern subventioniert werden, damit sie auch Gemüse und Früchte ernten, die nicht den Normen entsprechen. Unförmige Kartoffeln oder zu kleine Eier könnten die Landwirte vielleicht auf Märkten verkaufen, sagt Lustenberger: «Aber die Produkte sind derzeit zu teuer, um für die Konsumenten interessant zu sein.»

• Die zweite Idee setzt bei den Ablaufdaten an. Lustenberger betont, das Datum zeige nicht, wann ein Produkt ungeniessbar oder gar gesundheitsgefährdend werde – sondern den Zeitpunkt, ab dem der Hersteller allenfalls eine kleine Einbusse bei der Qualität erwarte. «Offenbar lohnt es sich für die Produzenten und die Supermärkte, dass die Leute viele Sachen wegwerfen und entsprechend neu kaufen.» Künftig soll eine staatliche Stelle für jedes Produkt festsetzen, wie lange es wirklich haltbar ist – und dieses Datum müsste auf die Packungen gedruckt werden.

«Das Thema bewegt die Leute»
Ihre Ideen wollen die Grünen mittelfristig in Volksinitiativen umsetzen, entweder auf nationaler oder auf kantonaler Ebene. Dass beide Anliegen zu mehr Bürokratie führen würden, streitet Lustenberger nicht ab. Aber er findet, das sei die Sache wert: Die Wegwerf-Mentalität führe zu enormen ökologischen und sozialen Problemen – in der Schweiz, aber vor allem in den Entwicklungsländern. «Es gibt Staaten, die Bananen und Kaffee anbauen und gleichzeitig ihre Bürger verhungern lassen.»

Der Geografie-Student glaubt, dass die Grünen mit ihrer Kampagne auch Wähler ausserhalb des linksgrünen Spektrums ansprechen können. Als er Unterschriften für die Wirtschaftsinitiative der Grünen sammelte, hätten ihn immer wieder Leute darauf angesprochen, wie sie die Partei nicht mehr gegen die Lebensmittel-Verschwendung unternehme. «Das Thema bewegt die Leute, es ist keine Frage von links oder rechts.»

Quelle: 20min.ch

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