Jedes zweite Restaurant schreibt Verlust

Die Ertragslage bei den meisten der rund 26 000 Gaststätten in der Schweiz ist ungenügend. Kleinere Restaurants haben am meisten zu kämpfen: An ihre Stelle treten vermehrt Take-away-Betriebe, die steuerlich begünstigt sind.

Author: Peter Keller

In der Schweiz leben zwar immer mehr Menschen, aber die Einnahmen der Restaurants sinken. Im vergangenen Jahr nahmen die Gastrobetriebe 630 Mio. Fr. weniger ein, das entspricht einem Rückgang von 2,6% gegenüber dem Vorjahr. Zudem fliesse wegen des hohen Preisniveaus zunehmend mehr Kaufkraft ins Ausland ab, klagte der Branchenverband Gastrosuisse diese Woche.

Die Umsätze in den Restaurants gingen während des ganzen Jahres zurück, viele Betriebe müssen rote Zahlen vermelden: 62% aller Restaurants wiesen einen Verlust aus, wenn sie den Eigenkapitalzins und Unternehmerlohn (66 800 Fr.) einbeziehen. Im Schnitt belief sich der Verlust auf 5,7% des Umsatzes, wie aus dem Branchenspiegel von Gastrosuisse hervorgeht.

Die grössten Probleme bekunden die kleineren Betriebe, die einen Jahresumsatz bis 550 000 Fr. erzielen: In dieser Gruppe operieren 70% der Gaststätten in der Verlustzone. Werden Eigenkapitalzins und Unternehmerlohn nicht als Aufwand mitgerechnet, sinkt der Anteil der unrentablen Betriebe auf rund einen Viertel. Diese geschönte Rechnung geht jedoch langfristig nicht auf. Bei den grösseren Restaurants mit über 1 Mio. Fr. Umsatz operiert die Hälfte der Betriebe in der Verlustzone, sofern alle Aufwände berücksichtigt werden.

Aus dieser schlechten Ertragssituation herauszukommen, ist schwierig. Entweder erhöhen die Beizer den Umsatz oder versuchen, die Kosten zu reduzieren. Dabei machen die Personalaufwendungen fast 50% des Umsatzes aus. Einsparungen lassen sich wohl nur mit einer besseren Personalplanung erzielen. Oder der Restaurateur muss den Wareneinsatz optimieren, der mit rund 30% ebenfalls zu den bedeutendsten Aufwandposten gehört.

Das Gastgewerbe ist eine kleinteilige Branche: Drei Viertel der knapp 26 000 Marktteilnehmer erzielen jährliche Einnahmen von weniger als 1,1 Mio. Fr. Für die Überlebensfähigkeit sei indessen die Wirtschaftlichkeit entscheidender als die Umsatzgrösse, erklärt Hannes Jaisli, stellvertretender Direktor von Gastrosuisse. Vor allem Restaurants in ländlichen Gebieten mit einem bescheidenen Einzugsgebiet haben Mühe. «Es ist auffällig, dass auf dem Lande mehr Gaststätten schliessen als in den Städten», konstatiert Tobias Hüberli, Chefredaktor der Fachzeitschrift «Salz & Pfeffer». In den letzten fünf Jahren sind 25 000 Arbeitsplätze in der Gastronomie verloren gegangen – obwohl die Bevölkerung seit 2008 um 5,5% gewachsen ist.

Damit die Restaurants im Dorf erhalten bleiben, appelliert die Branche, wie üblich in solchen Fällen, an den Staat. Er soll bessere Rahmenbedingungen schaffen, mehr Freiraum statt zunehmende Regulierung bieten und die Benachteiligung des Gastgewerbes bei der Mehrwertsteuer abschaffen: Restaurants zahlen den üblichen Satz von 8%, während Take-away-Betreiber nur mit 2,5% belastet werden.

Trotz schwieriger Marktlage wandelt sich die Struktur im Gastgewerbe nur sehr langsam. Nicht überlebensfähige Gaststätten verschwinden zwar, aber oft versucht postwendend ein neuer Beizer, meist ein Quereinsteiger, am gleichen Standort sein Glück. Die insgesamt 2606 Neueintragungen, die letztes Jahr im Handelsregister verzeichnet wurden, überstieg die Zahl der Löschungen (1637) von Firmen und Konkursen (670). Allerdings weiss man nichts über die Betriebsgrösse der Neugründungen – oft handelt es sich um Schnellimbiss-Buden und Take-away-Läden.

«Wer über ein klares Profil verfügt und die Gastfreundschaft pflegt, hat Erfolg», erklärt der Innerschweizer Gastronomie-Experte Herbert Huber, der einst drei Restaurants erfolgreich geführt hat. Er nennt als Beispiel die Gruppe Sinnvoll Gastro, die Lokale in der Zentralschweiz betreibt. Es wird nur angeboten, was frisch vom Markt kommt. Eine Speisekarte gibt es nicht. Wer die Erwartungen der Gäste übertrifft – sei es mit einem originellen Angebot, mit einem herausragenden Service oder einem attraktiven Standort, wird ebenfalls seine Gäste finden.

Ouelle: NZZ am Sonntag, 11. Mai 2014

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