170-jährigen Champagner in Wrack gefunden

Sahnig, metallisch, süss: Ein historischer Fund gibt Aufschluss über den Produktionsprozess sowie den Geschmack der Elite im 19. Jahrhundert.
Taucher fanden in einem Schiffswrack vor der Küste des finnischen Åland-Archipels 168 Flaschen eines 170 Jahre alten Champagners. Die Jahreszahlen waren noch gut leserlich in die Korken eingraviert.

170-jaehriger_champagner

Twitter / ACS Central Science (21. April 2015)


Die finnische Regierung versteigerte 2011 zwei Flaschen des seltenen Gebräus zu einem Preis von 30’000 Franken. Mit dem Erlös wurden Meeresarchäologie-Forschungsprojekte finanziert. Elf weitere Flaschen wurden 2012 verkauft, die restlichen werden in Åland gelagert.
Obwohl der Fundort des Wracks darauf hindeutet, dass sich die Ladung des Schiffs auf dem Weg nach Russland befand, suggerieren die Zuckerwerte des Champagners einen anderen Abnehmer: Denn in Russland trank man Champagner mit mehr als 300 Gramm Zucker pro Liter – der Zuckeranteil der Fundstücke betrug jedoch weniger als halb so viel.

Sahnig, metallisch, süss

Biochemiker Philippe Jeandet von der Universität Reims Champagne-Ardenne geht davon aus, dass die Flaschen für den deutschen Markt bestimmt waren, da die Deutschen nur moderat süssen Champagner tranken. Für heutige Verhältnisse wäre der deutsche Champagner des 19. Jahrhunderts jedoch immer noch ausgesprochen süss, denn der beliebteste Champagner, brut, enthält heute gerade noch zehn Gramm Zucker pro Liter.
Auch die Werte von Metallen wie Eisen und Kupfer waren im alten Champagner viel höher als in heutigen Schaumweinen. Das könnte daran liegen, dass früher mehr Taille – Most der aus der zweiten Pressung von Trauben entsteht – für die Herstellung verwendet wurde. Die alten Proben weisen ausserdem einen tieferen Alkoholanteil (rund 9,5 Volumenprozente) als moderner Champagner (rund 12 Volumenprozente) auf.
Das Vorkommen von Holz-Tanninen deutet darauf hin, dass der Fermentationsprozess in Holzfässern durchgeführt wurde. Die zweite Fermentierung, die Apfelsäure in weichere, milchige Säure umwandelt, hat gemäss Jeandet ebenfalls in Holzfässern stattgefunden, wurde jedoch nicht besonders stark kontrolliert. Dies erklärt, weshalb der alte Champagner im Gegensatz zu modernen Sorten einen sahnigen Charakter aufweist.

Aufschluss über den Herstellungsprozess

Proben des gefundenen Champagners zeigten, dass der Meeresgrund die Flaschen gut erhalten habe, sagte Jeandet.
«Der Fund gibt Aufschluss über den Herstellungsprozess des Champagners im 19. Jahrhundert.» – Philippe Jeandet
Wie sich herausstellte, stammten einige der Flaschen vom heute immer noch bekannten Weingut Veuve Clicquot. Dominique Demarville, Veuve-Clicquot-Winzer, konnte nach der Degustation des Champagners nach einigen Minuten einen reifen, rauchigen Honiggeschmack ausfindig machen.
«Die Identifizierung sehr spezifischer Aromen zeigt, dass es sich beim alten Champagner bereits um ein sehr komplexes Produkt handelte», sagt Patrick McGovern, ein Biomolekular-Archäologe der Universität Pennsylvania. «Wenn man bedenkt, dass diese Champagner 170 Jahre unter Wasser lagerten, sind sie erstaunlich gut erhalten.»
Die Konditionen, unter denen die Flaschen gefunden wurden – in beinahe totaler Dunkelheit und bei konstanten Temperaturen zwischen zwei und vier Grad –, haben bestimmt geholfen, den Geschmack und die Aromen zu erhalten, so Jeandet. Veuve Clicquot hat nun 350 neue Flaschen auf dem Meeresgrund nahe dem Fundort gelagert. Alle drei Jahre wollen sie den Unter-Wasser-Champagner mit normal gelagertem Champagner vergleichen, um herauszufinden, wie sich unterschiedliche Temperaturen, Sauerstoffwerte und Druckverhältnisse auf den Champagner auswirken.
 
Quelle: Tagesanzeiger
Bild: Twitter / Nature News&Comment (21. April 2015)

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