Hotelbewertungen: Online-Kommentare verdrängen Hotelsterne

Tripadvisor statt Hotelverband: Bei Hotelbewertungen wird stärker auf die Online-Community geachtet als auf offizielle Sterne.
Die Deutungshoheit, was ein gutes Frühstück, ideale Lage und ein bequemes Bett ist, verlagert sich vom Hotelprospekt ins Netz. «Früher hing die Reputation von einem Hotel stark von PR-Massnahmen und dem vom Hotel selbst verbreiteten Image ab», sagt Nicolas Mayer, Leiter Tourismus und Hotellerie Schweiz beim Beratungsunternehmen Pricewaterhouse Coopers (PwC) am Dienstagmorgen bei der Präsentation der Studie in Zürich.
Dabei zeigt sich, dass viele Hoteliers das Potenzial der Hotelbewertungen verkennen. Das könnte zum Boomerang werden. Immer mehr Gäste buchen direkt im Internet und zwei Drittel aller Gäste lesen heute vor dem Buchen die Hotelbewertungen.

Einsam auf Seite zwei

Dabei ist laut PwC vor allem wichtig, dass man bei den Suchresultaten in den vordersten Rängen liegt. Die Weisheit, «nirgends ist es so einsam, wie auf Seite zwei bei Google» gelte auch für Buchungsportale. Wenn ein Anbieter nicht unter den ersten Suchresultaten auftauche, werde er kaum beachtet. Viele Gäste filtern die Suchergebnisse nach Kundenbewertungen und da sei es entscheidend, dass man als Hotel gute Bewertungen bekomme.
Auch verkennen viele Hoteliers die Dialogmöglichkeiten. Erst 13 Prozent der Hotels antworten auf die Kommentare ihrer Gäste. «Und das in einer Branche, in der der Kundenkontakt von zentraler Bedeutung ist», sagt Mayer erstaunt. Er empfiehlt, dass jeder Gast eine Antwort bekommt. Und wenn nur für die positive Antwort gedankt wird. So fühle sich der Gast angesprochen. Auf negative Kommentare müsse erst recht eingegangen werden, weil der Hotelier so von den Gästereklamationen lernen könne und dem Gast signalisieren müsse, dass er ihn ernst nehme und ihn einlade, das bald verbesserte Angebot wieder zu nutzen.

Sterne verlieren ihren Glanz

Die Onlinepunkte im Internet sind für viele Buchende bereits aussagekräftiger als Sterne auf dem Dach des Hotels. So stehen heute an Schiebetüren und Rezeptionen von Hotels auch die Tripadvisor- oder Booking.com-Bewertungen. «Hotelbewertungen werden die Sterne irgendwann ablösen», so Mayer. Dies ganz einfach, weil diese Bewertungen aussagekräftiger sind als die offizielle Sterneklassifizierung. Community-Bewertungen sind im Gegensatz zu Hotelsternen nicht an Immobilien- oder Servicekriterien gebunden. So wird zum Beispiel für eine Fünf-Sterne-Klassifizierung ein 24-Stunden-Zimmerservice verlangt oder für vier Sterne eine Hotelbar, die an mindestens sechs Tagen geöffnet ist. Ausserdem sind die Zertifizierungsprozesse zeitaufwendig und teuer. Zudem beziehen sie sich auf umfassende Regelwerke.

Zwischen den Zeilen lesen

Experte Mayer empfiehlt den Reisenden, nicht nur auf die nackte Zahl der Bewertung zu schauen, sondern auch die Kommentare zu lesen und auch zwischen den Zeilen zu lesen, ob beispielsweise die Gäste im Hotel zu einem selber passen. Zum Beispiel kann es sein, dass jemand einem All-Inclusiv-Strandhotel volle Punktzahl zuspricht und dazu schreibt, «Tolles Hotel, das Bier fliesst bereits morgens um zehn Uhr in Strömen», dann mag das ein ideales Partyhotel sein, für Familien oder Businessgäste eigne sich dieses Haus aber nicht.
 
Quelle: 20 Minuten
Bild: Alessandro Della Bella

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