Ferrari: Für die italienischen Momente im Leben

Ferrari sprintet: Nicht rote Rennwagen, sondern Schaumweine aus Italien überholen gerade die französische Konkurrenz.
Einen Ferrari gibt es nicht in jeder Bar in Italien. Dafür aber bei jeder Verlobung, Hochzeit, Promotionsfeier oder beim Staatsempfang im Quirinalspalast in Rom. Oder bei den großen Modenschauen. Ferrari, das sind in diesem Fall nicht die roten Formel-1-Rennwagen aus Maranello, sondern Schaumweine aus dem Trentino. Und die sind in Italien das Traditionsgetränk bei Feierlichkeiten.
Seit 1902 gibt es die Sektkellerei in Trient, gegründet von Giulio Ferrari, Sohn eines Winzers, der in der Champagne und im deutschen Geisenheim im Rheingau sein Handwerk lernte – und experimentierte, bis er einen hochwertigen Schaumwein keltern konnte. „Uns ist die Tradition sehr wichtig“, sagt Matteo Lunelli, Chef der Cantine Ferrari, „wir sind mit dem Trentino verwurzelt, aber heute wollen wir den italienischen Lifestyle exportieren.“ Sein Großvater Bruno übernahm 1952 vom kinderlosen Ferrari das Unternehmen. Lunelli ist seit 2011 CEO der Gruppe Lunelli und leitet Ferrari zusammen mit zwei Cousins und einer Cousine. 2014 wurden die Lunellis „Familienunternehmen des Jahres“ in Italien.

Ferrari - Familie Lunelli

Cousins Camilla, Alessandro, Marcello und CEO Matteo
Lunelli (v. l.): Familienunternehmen mit Tradition.


„Die Weinlese 2015 war gut“, sagt Lunelli, „viel Sonne, wenig Regen.“ Umso mehr könne er sich jetzt auf den Export konzentrieren. Italien holt auf: Frankreich liegt an erster Stelle beim Weinexport in puncto Qualität. Beim Volumen aber haben die Italiener den Spitzenplatz erobert. Im Jahr 2015 stieg der Export laut „Wine Monitor“ des italienischen Marktforschungsunternehmens Nomisma um sechs Prozent und erzielte 5,4 Milliarden Euro im Vergleich zu 5,1 Milliarden im Jahr davor. Die USA sind der größte Absatzmarkt, danach kommt Deutschland.

Der Schaumwein hat den Löwenanteil am Export

„Sowohl als Wert wie auch beim Volumen übersteigt er 2015 die Marke von zehn Prozent“, erklärt Denis Pantini vom Wine Monitor. Das sei ein deutlicher Trend, bestätigt Sandro Boscaini, der Präsident von Federvini, der Föderation italienischer Produzenten von Weinprodukten. Die meisten italienischen Schaumweine gingen nach Großbritannien. Nicht nur im Export, auch in der Produktion liegt Italien vorn: Das Land hat im vergangenen Jahr 48,9 Millionen Hektoliter Wein produziert, vor Frankreich mit 46,45 Millionen. Spanien belegt Platz drei.
Das Problem ist ein anderes. Matteo Lunelli stellt ein Luxusprodukt im oberen Segment her: Es ist Champagner, darf aber nicht so heißen, denn der Begriff ist geschützt. „Wir müssen den Unterschied erklären, das ist unsere Mission“, sagt Matteo Lunelli, „denn außerhalb Italiens sprach man früher nur vom süßen Asti Spumante und dann von Prosecco.“
Der Unterschied liege in der Herstellung, es gebe erst eine Gärung der Trauben im Stahltank und dann eine zweite Gärung in der Flasche. „Und die heißt in Frankreich ‚méthode champenoise‘, in Spanien Cava und bei uns ‚metodo classico‘“, so Lunelli. Er produziert den Trentodoc, weitere italienische Champagner-Produzenten gibt es in der Franciacorta in der Lombardei und im Piemont.
Für 2015 erwartet die Lunelli-Gruppe einen Umsatz von 80 Millionen Euro. „Wir sind alle klein, aber fein. Nur ein einziger Winzer in Italien kommt über die 100 Millionen“, sagt Lunelli. Das liege an der regionalen Vielfalt der Weine in Italien mit mehr als 400 Ursprungsbezeichnungen. „Jeder Wein steht für ein Territorium. Unsere Trauben kommen aus den Bergen, mit besonderen klimatischen Bedingungen, nämlich großen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht. Die Traube ist deshalb besonders frisch“, preist er den Trentodoc.

Ferrari - Weinberge Lunelli

Spezielle Thermik: Die Weinberge der Lunellis liegen
hoch in den Bergen um Trient.

Seit den 80er-Jahren hat die Familie Lunelli gezielt zugekauft

Das Tafelwasser Surgiva, das nur in Glasflaschen und in Restaurants vertrieben wird, den Grappa Segnana. Und in der Toskana und in Umbrien produziert sie unter dem eigenen Familiennamen Lunelli-Weiß- und -Rotweine. Die neueste Akquisition sind 50 Prozent der Proseccomarke Bisol aus Valdobbiadene.
„Besonders stolz sind wir auf unser Weingut Tenuta Castelbuono in der Nähe von Assisi“, sagt Camilla Lunelli, die Cousine von Matteo, zuständig für Kommunikation. „Der Bildhauer Arnaldo Pomodoro hat für uns einen futuristischen Weinkeller mit einer Kuppel aus Kupfer gebaut. Ein Kunstwerk, in dem gearbeitet wird.“
Natürlich überstrahle der Champagner alles, räumt CEO Lunelli ein. „Aber wir arbeiten daran, der Welt zu zeigen, dass unsere Spitzenschaumweine ihm in nichts nachstehen.“ Und immerhin, beim internationalen Wettbewerb „The Champagne and Sparkling Wine World  Championships 2015“, den der britische Champagner-Experte Tom Stevenson in London ausrichtet, landete Ferrari auf Platz eins – vor Charles Heidsieck und Louis Roederer.
Die steigenden Exportzahlen erklärt Matteo Lunelli mit veränderten Trinkgewohnheiten. „Es gibt einen globalen Trend: Man trinkt weniger, aber besser.“ Allein in Italien seien in den 70er-Jahren pro Kopf 120 Liter Wein im Jahr konsumiert worden, heute seien es nur noch 36 Liter. Andererseits verdränge der Wein heute immer mehr die hochprozentigen Getränke. Und Champagner, besser Trentodoc könne man sehr gut zum Essen trinken.
Und die Namensvettern mit den roten Flitzern in Maranello, die heute in Mailand an die Börse gehen? „Ich bin glühender Ferrari-Fan“, sagt Matteo Lunelli und lacht, „und den Namen kennt nun wirklich jeder auf der Welt.“
Weitere Informationen zu Ferrari Schaumweinen finden Sie hier
Autor: Regina Krieger
Quelle: Handelsblatt 1. Ausgabe 2016
 

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