Aus dem Tagebuch einer Küchenkünstlerin

Inbar Zuckerberg ist seit wenigen Monaten die neue Küchenchefin des Zürcher Restaurants LaSalle im Kreis 5. Ihre Küche ist Teil eines neuen Konzepts: die Liaison von Kultur und Kulinarik, die im Schiffbau für ein brei-tes Publikum erlebbar gemacht wird. Hier tut sich gerade einiges. Der perfekte Zeitpunkt also, um einen Blick hin-ter die Kulissen zu werfen – und die Küchenchefin durch ihren Alltag zu begleiten.

«ICH ERWACHE FRÜH

Mein Ziel ist der Markt. Doch in die-sen ersten Stunden des Tages vergesse ich, dass es an einem Montag keinen Markt gibt. Ich kaufe gern direkt bei den Produzenten. Zwischen frischen Blumen, Gemüsekisten und dem Duft nach Kräutern finde ich Inspiration – das Stimmengewirr, das vielfältige heimische Angebot, die Suche nach neuen Ideen mitten in Zürich.


markt

Ich mache mich auf in den Kreis 5. Dort habe ich meine neue Küche gefunden, mein neues Team. Die ersten Schritte ins Restaurant sorgen noch immer für leise Euphorie. Ich betrete den Saal, nehme Raumhöhe und Kunst wahr wie etwas, das ich noch nicht vollständig begriffen habe. Der Start im LaSalle war aufregend, geprägt von Dynamik und Improvisation. Kreativität sprudelt. Kultur wird gelebt. Und mittendrin agieren mein Küchenteam und ich. Wir sind Teil dieses neuen gastronomischen Konzepts, bei dem das Lokal zur Bühne wird für das, was die Sinne kitzelt: Kunst, Musik, Literatur und natürlich Kulinarik. Dabei immer im Mittelpunkt: dieses architektonische Meisterwerk, das so viel mehr ist als nur das Zuhause des LaSalle. Licht fällt herein, spiegelt sich im vielen Glas. Es fühlt sich an wie der Beginn einer grossartigen Woche.

KOLLEGIALITÄT UND SPASS

Ich durchquere das Restaurant, das zu dieser frühen Stunde noch ruhig und verschlafen wirkt. Ein beeindruckender Kontrast zum tosenden Trubel in den Abendstunden. Ich betrete die Küche auf der anderen Seite der Bar und begrüsse meine Crew, die gerade eingetroffen ist. Der Duft von frischem Kaffee erfüllt den Raum. «Guten Morgen, Chefin!», grüsst einer der Jungs. Ich lächle. «Einfach Inbar», antworte ich und bin schon auf dem Weg nach unten, um mich umzuziehen. Kollegialität und Spass sind die beiden Attribute, die uns hier verbinden. Ich halte nicht viel von der konservativen Strenge, die es glücklicherweise nur noch selten in Küchen gibt. Es sind die Menschen, die einen Arbeitsplatz mit Leben füllen, mit Nähe und Loyalität. Wo sonst ist man so viele Stunden am Stück auf engstem Raum beisammen? Wo sonst spürt man den Zeitdruck kollektiv im Nacken und kämpft in jeder Schicht gemeinsam dafür, noch ein wenig besser zu sein als am Vortag?

kueche
RESPEKT VOR DEN ROH- PRODUKTEN

Ein Stapel grüner Gemüsekisten steht in einem der Kühlschränke im Keller. In diesen Tagen sind wir ausgebucht. Das LaSalle bietet Platz für fast 180 Personen. Das sind für uns 180 Möglichkeiten, um unsere Philosophie in die Welt zu tragen. 180 Möglichkeiten, um für Begeisterung zu sorgen. Diese Verantwortung nehmen wir ernst. Ich nehme Elemente aus verschiedenen Küchen auf und kombiniere sie zu einer neuen Harmonie. Aromen sollen sich verbinden. Dabei zolle ich den Rohprodukten immer grossen Respekt. Wenn ich etwas verarbeite, kommen saisonale und lokale Zutaten hinzu. Ich konzentriere mich gern auf Gemüse. Es ist so vielfältig und prägt unsere saisonale Food-Kultur wie kaum etwas anderes. Selbstverständlich gibt es bei uns auch Fleisch und Fisch. Wichtig ist die Auseinandersetzung mit dem gesamten Tier und ein nachhaltiger Umgang mit ihm in unserer Küche. Kurze Wege, gute Produzenten und Lieferanten, die ebenso viel Respekt vor den Produkten haben wie wir – das ist die Basis.

DIE REISE HAT ERST BEGONNEN

Meinen Kochstil beschreibe ich als klassisch mit einem Twist. Ich erzähle Ge-schichten durch meine Gerichte, und diese Geschichten sind vielfältig. Deshalb gibt es zu jeder Jahreszeit verschiedene Farben und Gewürze, die mich begeistern, die für sich sprechen und für das, was wir mit unserer Arbeit erreichen wollen. Wir wünschen uns für unsere Gäste, dass sie Emotionen schmecken und dass sie unseren kulinarischen Ehrgeiz spüren. Wir streben nach mehr. Wir entwickeln uns weiter, sind kreativ und gleichzeitig sehr genau.

kochen

Für diese Reise, die für mich und mein Team gerade erst begonnen hat, wünsche ich mir, dass sie voller Ge-schmack und Leben ist. Als pulsierendes Herz des Zürcher Schiffbaus soll das LaSalle seine Gäste verzaubern, sie mitnehmen auf eine kulinarische und kulturelle Entdeckungstour, die neue Impulse gibt und langfristig Erinnerungen schafft. So können wir auf dem, was geschaffen wurde, aufbauen und Neues kreieren, das es so kein zweites Mal gibt.

ÜBER INBAR ZUCKERBERG

Seit 2011 lebt und wirkt Inbar Zuckerberg in Zürich. Die in Israel aufgewachsene Köchin liebt die Stadt an der Limmat, in der sie bereits als Kind häufig zu Gast war. Heute liebt Zürich ihre Gerichte. Von 2016 bis 2021 war Inbar Zuckerberg Chef de Cuisine im Restaurant Kaiser’s Reblaube. Seit Herbst 2021 nimmt sie die Gäste des Restaurants LaSalle mit auf eine besondere kulinarische Reise. Als Küchenchefin kreiert sie aus einfachen Zutaten moderne Gerichte, die die Sinne kitzeln. lasalle-restaurant.ch

AUFGEZEICHNET VON JULIA HEIM FOTOS ZVG & MARA TROUG



chef-magazin-1-21-stoerer-blog
Das Chef-Sache Magazin zum Durchblättern

Das Magazin fokussiert auf die Unternehmer der Gastronomie und die, die es werden wollen. Das Magazin liefert Antworten für die Entscheidungsträger auf die wichtigsten unternehmerischen Fragen, Herausforderungen, Trends und Marktentwicklungen.

Zum Epaper
Zurück zum Blog

Ähnliche Beiträge

Mehr "Küche und Kulinarik" im stilhaus erleben

Im März dreht sich im stilhaus alles um „Küche und Kulinarik“. Die schönsten Küchen der Schweiz...

Auf der Suche nach den Wahrheiten in der Küche

Stiftung molecuisine bringt mit wissenschaftlichen Erkenntnissen die Schweizer Küche in ein neues...

Neuer Küchenchef für das APARTHOTEL