«Den Betrieben wurde die wirtschaftliche Basis entzogen.»

Die Clubszene hat besonders stark unter den Massnahmen gegen Covid-19 gelitten. Wie ist die Branche durch die Corona-Pandemie gekommen? Wie konnten sich einzelne Betriebe über Wasser halten? Und wie soll man eigentlich tanzen, wenn man behördlich verordnet nur sitzen darf? Auftakt zu unserem Clubspecial macht das Gespräch mit Alex Bücheli, Gründungsmitglied der Schweizer Bar- und Clubkommission.

Die Hospitality-Branche war von den Corona-Massnahmen in den letzten zwei Jahren stark betroffen. Am härtesten fielen die Massnahmen dabei für Nachtkulturunternehmen aus. «Die Clubs waren die Ersten, die komplett schliessen mussten, und die Letzten, die wieder öffnen durften», sagt Alexander Bücheli, Sprecher der Schweizer Bar- und Clubkommission. «Von Anfang an wurden wir als Pandemietreiber deklariert.» Natürlich liege es in der Natur eines Nachtlebenbetriebs, dass viele Menschen zusammenkommen und nah aufeinandertreffen. «Doch statistisch gesehen waren wir nie der Hauptansteckungsort. Die meisten Ansteckungen erfolgten im privaten Umfeld, in Schulen oder am Arbeitsplatz.»

Härteste Zertifikatspflicht
Die Anti-Corona-Massnahmen haben viele Betriebe in ihren Grundfesten erschüttert. «Erst die komplette Schliessung im März 2020, dann eine Polizeistunde und Kapazitätsobergrenzen, die eine wirtschaftlich sinnvolle Öffnung praktisch unmöglich machten, Contact Tracing mit enormem personellem Zusatzaufwand, die härteste Zertifikatspflicht von allen und Forderungen wie Sitzpflicht bei Konsumation – in einem Tanzclub sinnwidrig und nicht durchführbar.» Derartige Einschränkungen sorgten für besonders viel Unmut. «Den Betrieben wurde die wirtschaftliche Basis entzogen, ohne dass es Sicherheiten in Bezug auf eine wirtschaftliche Unterstützung von Bund oder Kantonen gegeben hätte.» Da herrschte schon fast Erleichterung, als im Oktober 2020 erneut ein offizielles Verbot von Tanzveranstaltungen angeordnet wurde – ein Härtefall, der auf finanzielle Entschädigung hoffen liess.

2G führte zu drastischem Rückgang der Clubber
Insgesamt waren die Clubbetriebe während der Pandemie elf Monate geschlossen. Trotz der häufig wechselnden Massnahmen und der damit verbundenen Unsicherheit zeigte man sich während der ganzen Pandemie lösungsorientiert. «Wir hatten als Erstes ein freiwilliges, anfangs noch handschriftliches Contact Tracing. Später haben wir eine eigene App entwickelt, damit die Kontaktdaten nicht nur registriert, sondern auch validiert werden konnten.» Nicht immer war es einfach, den Gästen die Notwendigkeit der Massnahmen zu vermitteln. «Die grösste Akzeptanz fand bei unserem Publikum noch die 3G-Regelung, solange die Tests kostenlos waren.» Den heftigsten Einbruch der Besucherzahlen verzeichnete man mit Einführung von 2G. Insgesamt waren die Umsatzeinbussen riesig. «Zwei Jahre lang kein Normalbetrieb. Allein im Raum Zürich hat dies zu einem Umsatzrückgang von rund 150 Millionen Franken geführt. Auf die ganze Schweiz hochgerechnet reden wir hier von einer halben Milliarde.»

Was ist ein Club?
Auch bei der Auszahlung der Unterstützungsgelder hat es gehakt. Während die Kurzarbeit für die Mitarbeitenden unbürokratisch bewilligt wurde, galt es für die Betriebe selbst zunächst die Frage zu beantworten, ob ein Club ein Kulturunternehmen ist. Dies wurde abhängig vom Programm unterschiedlich bewertet. «Bei positivem Entscheid wurden im März beantragte Hilfen frühestens im September ausgezahlt. Wer nicht als Kulturunternehmen eingestuft wurde, war auf die Härtefallgelder angewiesen. Hier ging alles noch zögerlicher. Erste Gelder flossen erst im Frühjahr 2021, ein Jahr nach Beginn der Pandemie.»

Dennoch schaut die Clubbranche jetzt positiv in die Zukunft. «Dank der Unterstützungsgelder und eigener Reserven der Gesellschafter haben die meisten Betriebe die Pandemie überlebt. Jetzt sind die Massnahmen aufgehoben und die Menschen wollen endlich wieder feiern.» In der Branche geht daher die Hoffnung um – vielleicht gar auf eine Wiederholung der Roaring Twenties.

Text Maria Liessmann
Fotos ZVG

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