Drei Köpfe – 3 Fragen

Wie haben Entscheidungsträger der Clubbranche die Pandemie erlebt? Was hat sie motiviert, weiterzumachen, trotz Zwangsschliessungen und behördlich verordnetem Sitzen in einem Tanzclub? Drei Entscheidungsträger aus verschiedenen Clubs berichten, was sie während der Coro­na-Pandemie erlebt haben.

KOPF Eins
Ilaria Conte, stellvertretende Barchefin ROK Klub, Luzern

Was waren die grössten Heraus­forderungen in Ihrem Team?
Die Unsicherheit, die die Pandemie mit sich gebracht hat. Wir haben viele Mitarbeitende auf Stundenbasis und Studentinnen und Studenten, die stark auf den Verdienst angewiesen sind. Wegen der häufigen Änderungen der Massnahmen wusste man nie, wie es genau weitergeht. Das hat Ängste erzeugt. Zeitweise haben wir sogar befürchtet, dass es zum Personalabbau kommen würde. Jedoch konnten wir das bei uns im Rok glücklicherweise vermeiden.

Welche Änderungen waren während der Pandemie für Sie am deutlichsten spürbar?
Die Maskenpflicht war allgegenwärtig, und natürlich haben wir verstärkt auf Hygienemassnahmen wie Desinfizieren etc. geachtet. Wir sind zudem der einzige After-Hour-Club in Luzern mit Partys ab 4 Uhr morgens. Und da stellten wir fest, dass die Gäste früher nach Hause gingen als sonst. Während sie im Club waren, haben sie aber mehr getrunken. Vielleicht, weil sie befürchtet haben, dass am nächsten Wochenende schon wieder alles geschlossen werden könnte.

Wie sehen Sie die Zukunft für die Entwicklung nach der Pandemie?
Wir im Rok Klub sind generell sehr positiv eingestellt und freuen uns sehr, dass es jetzt wieder richtig losgeht! Unser Fokus liegt auf guten Partys mit bekannten DJs, und wir sind uns sicher, dass die Gastronomie nach der langen Durststrecke einen Riesenboom erleben wird. Die Leute sind ausgehungert und wollen wieder was erleben.

KOPF Zwei
Jan Abels, Geschäftsführer
Club Du Théâtre, Bern

Was waren in den letzten zwei Jahren die grössten Veränderungen im Betriebsablauf?
Die Planungsunsicherheit. Was heute umgesetzt wurde, war morgen schon nicht mehr richtig. Man musste sich ständig informieren und austauschen. Flexibilität und eine neue Agilität prägten den Alltag. Zum Glück hatten wir immer einen sehr guten Support von der Bar- und Clubkommission, die uns durch diese unruhigen Zeiten half.

Welche Herausforderungen gab es für Sie als Geschäftsführer persönlich?
Ich musste meine Vorbildfunktion noch mehr vorleben als sonst. Mich ruhig, gelas­sen und mit einem kühlen Kopf den Herausforderungen stellen. Neu kam die Rolle als Informationsvermittler hinzu, der das ganze Team über neue Regeln und das weitere Vorgehen auf dem Laufenden hielt. Hinzu kam für mich auch die Rolle als Motivator für das Team, das gerne arbeiten wollte, aber nicht durfte. Oberstes Ziel war es, keine Entlassungen vornehmen zu müssen und unser Team zusammenzuhalten, was uns rückblickend gelungen ist.

Wie war die Stimmung unter den Gästen während der Pandemie und jetzt nach der Aufhebung der meisten Massnahmen (Stand März 2022)?
Unser Publikum hat den Freiraum im Club auch während der Pandemie immer dankend angenommen, und wir haben von unseren Stammgästen viel Solidarität erfahren. Die Jugend hat jedoch viele Nächte verpasst. Aktuell stellen wir daher eine Art Nachholbedarf fest. Die Leute sind konsumierfreudiger, kommen früher, bleiben länger. Die Stimmung ist überaus friedlich, unsere Gäste schätzen es sehr, ihre Normalität am Wochenende wiederzuhaben.

KOPF Drei
Dani Werder, Geschäftsführer
Club Kugl, St. Gallen

Gab es aufgrund der Pandemie personelle Veränderungen?
Aufgrund der Massnahmen wie Contact Tracing und Zertifikatspflicht mussten wir drei bis vier Leute zusätzlich pro Abend anstellen. Aus Kostengründen konnten wir aber nicht unbegrenzt zusätzliche Mitarbeitende verpflichten, so dass der einzelne Mitarbeiter stärker belastet war. Es ist zudem seit dem ersten Lockdown viel schwieriger geworden, neues Personal zu finden, da die Leute wegen der Unsicherheiten in andere Berufe abgewandert sind.

Worüber haben Sie sich am meisten geärgert?
Über sinnlose Massnahmen. Als 2G plus eingeführt wurde zum Beispiel, mussten die Mitarbeitenden die ganze Nacht Maske tragen, während die Gäste ohne Maske tanzen durften. Das Contact Tracing war ebenfalls ein Problem. Da es keine gesamtschweizerische App gegeben hat wie beim Zertifikat, haben wir verschiedene Systeme ausprobiert, bis wir zum Schluss unsere eigene Software hatten. Es ist zudem ärgerlich, wenn der Gast an der Tür warten muss. Erst Zertifikatskontrolle, ein paar Meter weiter Contact Tracing, Ausweis zeigen.

Wie war die Stimmung unter den Gästen?
Grundsätzlich waren die Gäste immer froh, wenn sie kommen konnten. Manchmal haben sie sich geärgert, aber nie über den Club, sondern immer über die Massnahmen. Sie wussten, dass wir nichts dafürk­önnen. Insgesamt gab es vielleicht etwas mehr aufgestaute Wut und deswegen schneller Missverständnisse. Andererseits gab es eine grosse Geilheit auf Party. Die Leute wollten richtig abfeiern und haben so auch beste Stimmung verbreitet. Der Pro-Kopf-Konsum ist insgesamt gestiegen. Wir hatten zwar weniger Gäste, aber die haben mehr konsumiert.

TEXT Maria Liessmann
Fotos ZVG

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