Ein halbes Jahr Kochen in der «Wüste»

Philipp Mosimann hat das Catering im Schweizer Pavillon an der Expo in Dubai gestemmt. Ein Resümee über das anspruchsvolle Mandat – und was er daraus gelernt hat.

Wenn die Schweiz irgendwo auf dem Globus hochoffiziell Präsenz markiert und Swissness verkauft, dann steckt wohl die Organisation Präsenz Schweiz dahinter. So geschehen auch kürzlich an der Weltausstellung in Dubai. Das Administrative zuerst: Präsenz Schweiz gehört zum Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und befasst sich unter anderem mit Angelegenheiten wie dem «Nation Branding». Dabei setzt Präsenz Schweiz die Strategie der Schweizer Regierung um. Dazu gehörte zum Beispiel der Auftritt an der Weltausstellung der kürzlich zu Ende gegangenen Dubai Expo. Dieser eigentlich für 2020 geplante Gross­event wurde wegen der Pandemie um ein Jahr verschoben und dauerte ab Oktober 2021 bis Ende März dieses Jahres.

Schon fast eine royale Familie
Die Familie Mosimann kennt man über den Vater Anton, der sich in London mit seinem Club-Restaurant und seinem Engagement am Königshaus einen Ruf erarbeitet hat. Die Söhne Mark und Philipp, beide Absolventen der Hotelfachschule Lausanne (EHL), teilen sich heute die Aufgaben: Mark führt das Restaurant und Philipp hat sich als Cate­rer bei internationalen Grossevents einen Namen gemacht. Zum Mandat des Schweizer Pavillons kam Philipp nicht per Zufall; er stieg schon 2008 in dieses Segment ein, als er für das IOC deren Corporate-Stand an den Olympischen Spielen in Peking bediente. Dann folgten Aufträge an Fussballweltmeisterschaften und Weltausstellungen, wie zum Beispiel 2015 an der World Expo in Mailand. Philipp Mosimann, 48, hat dieses volatile Geschäft gelernt, entwickelt und in ein Geschäftsmodell gewandelt, welches jährlich rund 30 Prozent des Umsatzes des Familienunternehmens generiert. Mosimanns Jahresumsatz beträgt zwischen 6 und 8 Millionen Pfund.

Ein Vabanque-Spiel
Der Catering-Auftrag in Dubai hätte sich nicht schwieriger präsentieren können. Ein fremdes Land, eine andere Kultur, teils extreme Wetterbedingungen und hohe Hürden beim Import von Waren. Schon vor der eigentlichen Bewerbung reiste Philipp Mosimann nach Dubai und stellte sich in der damaligen Wüste die Umsetzung vor; heute heisst dieser Wüstenstrich «District 2020» und gehört zum Expo-Gelände. Mosimann suchte den Kontakt mit Behörden sowie potenziellen Zulieferern von Materialien und Esswaren. Er verstand schon damals, dass dieses temporäre Catering-Mandat in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) ein sehr gewagtes Unterfangen sein würde. Bei seiner Bewerbung in Bern hatte er die möglichen Schwierigkeiten aufgezeigt und gleichzeitig entsprechende Lösungsansätze präsentiert. Für das Familienunternehmen war klar, dass eine hohe Profitabilität bei diesem Projekt vielleicht nicht zu erreichen ist und dass man auch andere «fringe benefits» (nicht pekuniäre Nebenleistungen) berücksichtigen muss: Erfahrung, Ausbau des internationalen Netzwerkes, Kontakt zu Bern und zu den Sponsorenfirmen am Schweizer Pavillon usw.
Dass die Weltausstellung dann aber um ein ganzes Jahr verschoben wurde – damit hatte niemand gerechnet. Schock für alle Beteiligten und vor allem eine lange Warterei, ob die Expo ein Jahr später dann tatsächlich eröffnen würde. Mosimann erinnert sich: «Wir wussten bis drei Monate vor der Neueröffnung am 1. Oktober 2021 nicht, ob die Expo tatsächlich aufgeht. Diese lange Unsicherheit war irritierend und hat mich sehr viel Energie und manchmal auch Motivation gekostet.»

Die Dubai Expo fand dann doch statt und schloss vor wenigen Wochen ihre Tore. Zwar erreichten die Organisatoren die prognostizierten 25 Millionen Besucherinnen und Besucher nicht ganz, aber die Veranstaltung war trotzdem inhaltlich, organisatorisch und emotional ein grosser Erfolg – auch weil man sich mit der Pandemie «arrangieren» konnte. Dabei zählte das Schweizer Haus zu den fünf beliebtesten Länderpavillons. Die Schlussstatistik liegt zwar noch nicht vor, aber dennoch ist klar, dass über eine Million Gäste begrüsst werden durften.

Aufreibende Planung ins Blaue
Schweiz Präsenz setzte das Dach ihres Pavillons als öffentliches Restaurant mit Bar ein. Genutzt wurde die Fläche für offizielle Empfänge, beispielsweise durch die Botschaft, und für geschlossene Veranstaltungen der Sponsoren-Firmen. Mosimann: «Insgesamt haben wir in diesem halben Jahr mit unseren 15 Vollzeitangestellten etwa 120 Events bekocht und bedient. Dazu kamen die individuellen Besucher, die den Weg aufs Dach fanden. Gross angeschrieben haben wir das Restaurant unten beim eigentlichen Pavilloneingang nicht. Auch wegen der Hygienevorgaben wollten wir den Zugang zum Dach eher auf Gäste mit Schweiz-Bezug leiten.»

Angeboten hat der Schweizer Caterer unter anderem mehrere Weine und vier Käsesorten Schweizer Provenienz. Wer also Lust auf ein Raclette hatte, kam auf seine Rechnung. Natürlich wurden alle Spezialitäten eingeflogen. Mosimann stellt dazu fest: «Die Importabläufe in den VAE waren extrem mühsam, ein langatmiger Prozess, der uns allzu viele Sitzungen, Telefonate und E-Mails mit den verschiedenen Behörden abforderte. Da wir betreffend die tägliche Nachfrage keine Garantien hatten, mussten wir, grob gesagt, von Monat zu Monat einschätzen, was benötigt wird. Dabei mussten wir die lokalen Gesetze respektieren; Käse beispielsweise muss zwingend eine Haltbarkeit von sechs Monaten aufweisen.»

Fazit – endlich wieder durchat­men
Die Frage lässt sich nicht nur monetär beantworten. Philipp Mosimann sei im Moment einfach «happy», dass die Expo zu Ende sei, er sich zurückziehen und endlich mal wieder durchatmen könne. «Im Grossen und Ganzen hat das Mandat funktioniert und unsere Planung war, abgesehen von der einjährigen Verschiebung, richtig und konnte umgesetzt werden. Wenn man wirklich alle Kosten berücksichtigt, vor allem meine eigene Zeit, dann dürfte dieses Projekt wohl nicht profitabel gewesen sein. Als Erfolg sehe ich es trotzdem, vor allem weil unsere Crew es geschafft hat, dieses Mandat wie abgemacht durchzuführen.» Deshalb wird sich Philipp Mosimann – nach einer verdienten Verschnaufpause – um die nächste Grossbewerbung kümmern. Am 3. Mai 2025 eröffnet in Osaka die Expo 2025. Da will er dabei sein.

TEXT Daniel Tschudy
Fotos Daniel Tschudy, zVg

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