Revier Alpenraum

Im St. Galler Restaurant Corso hat sich um Küchen­chef Markus Schenk ein schlagkräftiges Team formiert. Besonderheit: dessen Südtiroler Herkunft. Diese spiegelt sich in Form von alpenländischem Genuss auf dem Teller und im Glas. Die Vermittlung des Konzeptes fordert Küche wie Service gleichermassen.

Wenn über Südtiroler geschrieben wird, heisst es etwa: «Sie gelten als gastfreundlich und aufgeschlossen. Als Charaktereigenschaft scheinen sich Sturheit und Flexibilität nicht zu widersprechen.» In St. Gallen jedenfalls stossen Südtiroler Qualitäten auf Resonanz. Zu erleben ist dies im Restaurant Corso in St. Gallen, da, wo bis vor ein paar Jahren im gleichnamigen Kino Stars aus aller Welt ihren Auftritt hatten. Der gastliche Ort ist heute in fester Hand einer verschworenen Gruppe von Südtirolern um Markus und Lenka Schenk. Gemeinsam haben sie ihr Konzept Slow-Food-Alpenküche nach St. Gallen gebracht. «Was wir tun, schärft nicht nur das Bewusstsein unserer Gäste für gesunde und nachhaltige Ernährung, sondern beflügelt uns täglich in unserer Arbeit», erklärt Inhaber Markus Schenk. «Es macht uns einfach grosse Freude.»

Teamwork beim Wein-Workshop
Dass die Schenks ihr Corso auf ein Thema ausgerichtet haben, das hierzulande erklärungsbedürftiger ist als dasjenige einer Pizzeria, bedingt auf Seiten der Gastgeber ein vertieftes Wissen. Dazu kommt ein verstärktes Zusammenspiel beim Einkauf zwischen Produzent und Einkäufer, zwischen Küche und Service. Die Schenks haben ihre Bezugsquellen bewusst beschränkt. Das ermöglicht es ihnen und ihrem Team, sich in das Thema Südtiroler Alpenküche zu vertiefen, sie zu ergründen und sich dabei neue Kompetenzen zu erarbeiten.

Sie tun dies auch gemeinsam. Wie an diesem Nachmittag im März, zwischen Mittag- und Abendservice, wo sich das Team zur Weiterbildung im Seminar- und Veranstaltungsraum des Corso trifft. Diesmal geht’s um Wein. Sechs Flaschen stehen auf dem Tisch, es sind diejenigen, welche in diesem Monat im Offenausschank angeboten werden, ausgesucht von Küchenchef Markus Schenk und Sommelier Mathias Arduini. Das Team verkostet die Weine heute gemeinsam und bespricht die Eindrücke. «Gestern Abend habe ich einem Gast zum Kalbszungen-Carpaccio einen Vernatsch von Franz und Florian Gojer empfohlen», sagt Arduini. «Eine kluge Wahl», brummelt Markus Schenk, «das passt doch in seiner Leichtigkeit und zurückhaltenden Beerigkeit ausgezeichnet zum Zünglein mit der erfrischenden, dezenten Sauce.» Mathias Arduini nickt. «Aber Erfolg hatte ich damit nicht, der Gast fand ihn zu schlank und rank. Zum nächsten Gang, dem geschmorten Ochsenschwanz, schlug ich ihm dann einen Lagrein vor, damit war er zufrieden.»

Küche und Service gefordert
Er schenkt der Runde je eine Kostprobe der beiden Weine in die Gläser. «Du, Mathias, gibt’s eigentlich Vernatsch nur in Südtirol?», will Stefanie Gerling wissen, sie stammt aus Aqtöbe in Kasachstan und wird von allen Steffie genannt. «Er wird auch in Baden-Württemberg angebaut, dort heisst er allerdings Trollinger.» Steffie nimmt einen Kostschluck. «Er schmeckt fein und rund, und mir scheint die kühle Ausschanktemperatur gut.» – «Genau», stimmt ihr Lenka Schenk bei, «für Gäste, die zu Fisch keinen Weisswein mögen, kann dies eine passende Alternative sein.» So geht das hin und her – alle tragen ihr Wissen und ihre Erfahrungen in die Runde hinein.

Dass die Weinkarte reich bestückt ist mit Raritäten aus dem Alpenraum wie Pigno­lo aus dem friulanischen Collio-​Gebiet, Ribolla Gialla aus der Region Brda Sloweniens oder Mondeuse aus Savoyen, fordert nicht nur den Service, sondern auch die Küche. Seit ein paar Monaten stehen die St. Galler Thomas Zuberbühler und Lukas Egli mit Markus Schenk am Herd, das Corso-Konzept hat sie angelockt. Und auch, dass die Kreationen der Gerichte im Team entstehen. «Wir gehen meist von dem aus, was uns die Lieferanten in Aussicht stellen», erklären sie. Der Grundton allerdings stehe fest: Der Eigengeschmack der Zutaten soll nicht übertönt werden. Deshalb reduziert das Kochteam die Komponenten auf wenige. Im Corso heisst Teamwork immer auch gemeinsames Feilen am Konzept. Und das klappt.

Text Stefan Keller
Fotos Thomas Egger

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