Robi kocht

Mit ihrem Start-up Aitme wollen Emanuel Pallua und Julian Stoss vollautomatische Küchen als Alternative zur klassischen Kantine in mittelständischen Unternehmen bauen. Auch in Hotels und an Verkehrsstandorten sollen Gäste in Zukunft ihr Essen von – einem Roboter bekommen.

Der AI Campus in Berlin ist Sitz von Tech-Giganten wie SAP und AWS ebenso wie von zahlreichen Start-ups, Wissenschaftsorganisationen, Unternehmen und Investoren. Seit ein paar Wochen sorgt hier Robi für eine gesunde, hochwertige und frische Verpflegung der Mitarbeitenden: Mit seinen zwei kräftigen Armen mixt er die gewünschten Zutaten für mehr als 100 verschiedene Rezepturen in wenigen Minuten zusammen, überwacht sekundengenau die Garzeit in den sechs Töpfen, füllt anschliessend das Gericht in eine Pappschale und verstaut sie im temperierten Ausgabefach, das sich automatisch öffnet, wenn der Kunde sein Essen abholt. 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, ohne Frühstücks- und Toilettenpause, Krankheit oder Ferien. Denn Robi ist – sein Name deutet es an – ein Roboter und seine nur 8 Quadratmeter grosse Küche die erste vollautomatische Kantine des Start-ups Aitme.

Roboterküchen als Lückenfüller
Aitme-Gründer sind Emanuel Pallua und Julian Stoss. Pallua war zuvor einer der Initiatoren der Lieferplattform Foodo­ra, Stoss unter anderem ehe­maliger Vice President Marketing Asia Paci­fic bei der Lieferplattform Foodpanda. Zusammen wollen sie mit ihrer «Robotic Kitchen» nicht etwa die traditionelle Kantine abschaffen, sondern eine Lücke füllen: «Allein in Deutschland gibt es rund 90 000 Unternehmen mit jeweils 50 bis 1000 Mitarbeitenden, die bisher keine Verpflegung anbieten», erläutert Stoss. «Gleichzeitig steigt der Stellenwert der Betriebsgastronomie als ein wichtiger Faktor für die Attraktivität eines Arbeitgebers. Hinzu kommt, dass Covid-19 das Arbeiten flexibilisiert hat. Dafür braucht es neue Lösungen.»

Küchenroboter Robi punktet nicht nur mit seinem geringen Flächenbedarf, sondern lässt sich auch fast überall unkompliziert installieren. Benötigt wird nur ein Wasser- und ein Elektrizitätsanschluss. Modernste Plasma-Technologie reinigt die Luft durch Ionisierung von 99 Prozent der Viren, Bakterien und Gerüche. Die Zutaten für die von einem erfahrenen Küchenteam speziell für die Roboterküche entwickelten Rezepte werden zentral vorproduziert und einmal täglich in gekühlten Containern angeliefert. «Die Essensqualität steht für uns an erster Stelle», betont Pallua. «Unsere Zutaten sind immer frisch und nach dem Baukastenprinzip vielseitig einsetzbar.» Robi schafft bis zu 100 Portionen in der Stunde und mit einer Befüllung rund 300 Gerichte täglich. Sein kulinarischer Schwerpunkt liegt auf kreativen Bowls, Pasta, Currys und Salaten. Aber auch den Klassiker der Betriebsverpflegung in Deutschland, die Currywurst, hat der Roboter im Repertoire. Die Gäste bestellen über Tablets oder die App auf dem eigenen Smartphone, die ihre individuellen Ernährungsvorlieben und Bedürfnisse schon bei der Auswahl der angezeigten Gerichte berücksichtigt. Kostenpunkt: zwischen 4,50 und 6,50 Euro – vom Arbeitgeber je nach Wunsch bezuschussbar.

Robi macht den Menschen nicht arbeitslos
Das Angebot wechselt wöchentlich: «Normalerweise sind etwa fünf Gerichte gleichzeitig verfügbar», berichtet Pallua. «Dabei berücksichtigen wir sowohl die Saisonalität von Produkten als auch die Lieblingsgerichte der Kunden.» Nachhaltigkeit und Transparenz spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Um Food Waste zu vermeiden, lassen sich Angebot und Preise über die App so steuern, dass möglichst wenige Zutaten länger als zwei Tage ungenutzt bleiben und entsorgt werden müssen.

Da auch der Betrieb einer Roboterküche nicht vollständig ohne menschliche Unterstützung funktioniert, sollen weitere Standorte zunächst in Berlin an den Start gehen, wo Aitme neben Hamburg und München seine Büros hat. Pallua: «Wenn wir unseren Radius mittelfristig vergrössern, brauchen wir natürlich Partner vor Ort, die die Befüllung und Reinigung übernehmen.» Die Lizenzgebühr von 4000 Euro monatlich schliesst Wartung und Service mit ein, die Bezahlung der ausgegebenen Gerichte erfolgt direkt an Aitme.

Bald auch in der Schweiz?
Eine Expansion in die Schweiz ist für Pallua mehr als denkbar. «Dort haben die Lohnkosten noch einmal eine ganz andere Grössenordnung als in Deutschland. Umso interessanter ist es für Unternehmen, ihren Mitarbeitern ein qualitativ hochwertiges Verpflegungsangebot zu machen – fast ohne Personaleinsatz.» Optisch passt sich Robi an jedes Ambiente an. Stoss, Pallua und ihre namhaften Investoren sehen ihn dementsprechend an vielen unterschiedlichen Standorten: «Neben mittelständischen Unternehmen kann unsere ‹Robotic Kitchen› ebenso in Hotels, an Verkehrsstandorten oder im Lebensmitteleinzelhandel die ideale Lösung sein. Also überall dort, wo die Fachkräfte fehlen und sich der Betrieb von bemannten Küchen nicht lohnt, um Menschen 24 Stunden am Tag schnell und individuell an ihre Bedürfnisse angepasste, frisch gekochte Speisen anzubieten.»

Text Barbara Schindler
Fotos ZVG

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