Best of Swiss Gastro Blog

Viel Lärm um die Abendruhe

Geschrieben von Best of Swiss Gastro | 13.08.2012 12:28:55

Gartenwirtschaften in Innenhöfen müssen um 20 Uhr schliessen – wegen möglichen Lärmemissionen. Für kleine Betriebe kann dies zum existenziellen Problem werden.

Es ist ein lauschiger Innenhof. Die Gartenwirtschaft des Restaurants Rhyschänzli im St. Johann lädt zum Verweilen ein. Doch um Punkt 20 Uhr ist es hier vorbei mit der Gemütlichkeit. «Wir müssen die Gartenwirtschaft schliessen und die Gäste hineinbitten, sonst gibt es eine Busse oder es droht sogar der Entzug der Lizenz», sagt Jérôme Beurret, Besitzer des Lokals. «Wir haben immer wieder Streitereien. Wenn es draussen heiss ist und die Sonne scheint, will natürlich niemand ins Lokal zurück», sagt er.

Das Restaurant Rhyschänzli ist Opfer einer Rechtspraxis, von der in der Stadt Basel noch kaum jemand weiss. In Innenhöfen, an die Privatwohnungen angrenzen, gilt die Abendruhe. Konkret heisst das: Zapfenstreich ist um 20 Uhr. Basler Wirte ärgern sich massiv über diese bisher kaum bekannte Praxis. Maurus Ebneter, Sprecher des Wirteverbands Basel-Stadt: «Mit der Nacht­ruhe ab 22 Uhr können wir ja noch leben. Doch die Abendruhewird für uns zunehmend zum Problem.»

Rechtsentscheid mit Folgen
Warum aber wird die Abendruhe in Basel, das sich gerne als mediterrane Stadt bezeichnet, so grossgeschrieben? «Es gibt einen rechtskräftigen Entscheid der Baurekurskommission», erklärt Marc Keller, Sprecher des Bau- und Verkehrsdepartements des Kantons Basel-Stadt. Dieser Entscheid geht zurück auf das Jahr 2004. Das Restaurant Zum Stänzler beim Erasmusplatz wollte damals eine Bewilligung für seine Gartenwirtschaft im Hinterhof. Viele Einwohner waren von der Idee begeistert und auch die Behörden spielten anfänglich mit: Dem Gesuch wurde stattgegeben.

Doch zwei Hausbesitzer stellten sich quer. Sie legten zuerst Einsprache und – als nicht darauf eingegangen wurde – Rekurs ein. Der Fall landete vor der Baurekurskommission, die den Beschwerdeführern recht gab. In der Begründung des Urteils steht, dass eine Gartenwirtschaft im Innenhof zu mehr als geringfügigen Störungen führe und damit zu unzulässigen Lärmimmissionen im Sinne des Bundesgesetzes über den Umweltschutz.

Es geht um das Überleben
Was damals nicht absehbar war: Der Einzelfall hat Ausstrahlung auf den ganzen Kanton. «Im Sinne der Gleichbehandlung aller Gesuchsteller müssen wir jetzt sämtliche Gesuche für eine Gartenwirtschaft im Innenhof nach 20 Uhr ablehnen», bestätigt Marc Keller.

Der «Rhyschänzli»-Wirt kann da­rüber nur den Kopf schütteln. In seinem Lokal trifft sich immer wieder gerne die lokale Prominenz. Dass sein Gesuch nicht bewilligt wurde, wollte Jérôme Beurret nicht auf sich sitzen lassen. «Wir reichten dagegen Rekurs ein.» Schon alleine deshalb, weil an heissen Sommertagen um 20 Uhr nie Ruhe sei in seinem Innenhof. «Wir müssen alles reinräumen, aber auf den Terrassen der Privatwohnungen wird gegrillt und gelacht. Der Lärm ist so oder so da», sagt Beurret. Der Fall ging bis vor die Bau­rekurskommission und verschlang rund 30’000 Franken Anwaltskosten. Doch ohne Erfolg. Dabei wehrte sich der «Rhyschänzli»-Wirt nicht nur aus Prinzip. «Für ein kleines, feines Restaurant ist es heute ohne Gartenwirtschaft sehr schwer. Hier ging es um unser finanzielles Überleben», sagt er.

Wirteverband prüft Schritte
Von dieser Rechtslage sind mittlerweile rund zehn Lokale betroffen. Alex Hediger, Geschäftsführer und Anwalt des Wirteverbands, setzt ein grosses Fragezeichen hinter das Vorgehen des Bau- und Verkehrsdepartements. «Dass jedes Gesuch von Amtes wegen abgeblockt wird, kann nicht der richtige Weg sein», sagt er. Es sei doch grotesk, ein Lokal zu beschneiden, wenn sogar Anwohner einverstanden wären. «Die Gesuche werden ausgeschrieben», erklärt Marc Keller. «Sie haben aber, was die Öffnungszeiten betrifft, wegen der Rechtslage kaum Chancen auf Bewilligung.»

Der Wirteverband prüft jetzt Massnahmen gegen die neue Praxis mit der Abendruhe. «Wir werden das Problem an der nächsten Vorstandssitzung thematisieren», sagt Hediger.

Für das «Rhyschänzli» kommt das zu spät. Das Restaurant hat genug vom vielen Lärm um die Abendruhe. «Wir haben uns damit abgefunden», so Beurret. «Wegen dem ganzen Hin und Her haben wir uns für eine Buvette beworben.» Seither betreibt das Restaurant die Buvette bei der Kaserne. «Dieses Geschäft läuft so, dass ich den Behörden fast schon dankbar sein muss», so Beurret.

Quelle: Basler Zeitung