Ein Bier darf nicht billiger sein als ein Apfel

Mit einem nächtlichen Verkaufsverbot will der Bund Alkoholexzesse unter Jugendlichen verhindern. Suchtexperte Markus Theunert reicht das nicht: Er fordert höhere Preise für Billigalkohol.

Trotz massiver Kritik im Vorfeld, bleibt der Bundesrat dabei: Um Jugendliche besser zu schützen, will er zwischen 22 und 6 Uhr den Alkoholverkauf gänzlich verbieten. Können Alkoholexzesse damit wirklich verhindert werden?

Markus Theunert (Generalsekretär beim Fachverband Sucht): Bis zu einem gewissen Grad auf jeden Fall. Die Zielgruppe der Jugendlichen konsumiert heute gerade während dieser Zeit impulsiv Alkohol. Mit der neuen Regelung wäre es ihnen nicht mehr möglich, immer wieder nachzuladen.

Verschiebt man damit nicht das Problem? Statt um Mitternacht, kaufen Jugendliche ihren Alkohol einfach in grösseren Mengen vor 22 Uhr?
Eine gewisse Verlagerung wird es wohl geben. Doch auch wenn sich die Jugendlichen ein wenig früher treffen: Lustig mit Alkohol wird es dennoch erst nach einer gewissen Zeit. Wenn dann die Möglichkeiten beschränkt sind, hilft das den Jugendlichen, Grenzen zu setzen. Die SBB haben das Verbot bereits vor rund vier Jahren eingeführt – und gute Erfahrungen damit gemacht.

Vom Verkaufsverbot wären aber alle betroffen – also auch die Personen, die mit Alkohol massvoll umgehen können. Das ist doch ungerecht.
Ist das wirklich ein Problem? Vor zehn Jahren konnte man am Abend noch nicht einmal eine Packung Milch kaufen. Als normal konsumierender Genusstrinker rennt doch kaum jemand um halb 11 in den Laden, um sich mit Alkohol einzudecken. Wenn die Wirtschaft deshalb ausruft, ist das Panikmache. Das Verkaufsverbot ist eine absolut zumutbare Beeinträchtigung. Damit zeigt sich die Gesellschaft solidarisch mit denjenigen, die auf gewisse Leitplanken angewiesen sind. Doch alleine diese Massnahme schützt die Jungen noch nicht.

Weshalb nicht?
Solange sich Jugendliche für den Preis eines Sandwiches ins Koma saufen können, kann von Jugendschutz keine Rede sein. Dass der Bundesrat auf jegliche Preiserhöhungen verzichtet und sich damit dem Druck der Wirtschaft beugt, ist enttäuschend. Dabei haben mehrere Untersuchungen klar aufgezeigt: Bei Jugendlichen kann man den Alkoholkonsum über das Portemonnaie steuern. Sie reagieren sensibel auf Preisänderungen.

Für den Bundesrat spricht der rückläufige Alkoholkonsum gegen Preiserhöhungen.
Dieses Argument ist wenig stichhaltig. Der Rückgang des Konsums findet auf sehr hohem Niveau statt. Jugendliche konsumieren heute zwar nicht mehr Alkohol als vor ein paar Jahren, die Häufigkeit der Exzesse ist aber markant gestiegen. Ausserdem verlangen wir auch keine Wucherpreise.

Welche Preise schweben Ihnen denn vor?
Für uns ist klar, dass ein halber Liter Bier nicht billiger sein darf als ein Apfel oder ein halber Liter Cola. Also sicher mindestens doppelt so teuer wie die 60 Rappen, welche die Büchse Bier heute kostet.

Die Gesetzesrevision geht nun weiter ins Parlament. Versuchen Sie die Politiker noch von einer Preiserhöhung zu überzeugen?
Natürlich. Die bisherigen Abstimmungen über alkoholpolitische Themen sind jeweils sehr knapp ausgefallen – da kommt es auf jede Stimme an. Ich rechne mit einer hauchdünnen Entscheidung.

Quelle: 20min.ch

Gesehen auf: biergenuss.ch

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