Mit Kreativität durch die Pandemie

Während der letzten zwei Jahre hatten es Nachtkultur­betriebe schwer. Immer neue Anti-Corona-Massnahmen, ständig wechselnde Vorschriften, ein Flickenteppich an Regelungen im ganzen Land. Etliche Betriebe und Nightlife-Institutionen haben nach kreativen Lösungen gesucht. Wir haben bei einigen Clubs nachgefragt, welche kreativen Ideen ihnen über die Runde halfen.

Basel: Wider den Kantönligeist – mit dem Club über die Kantonsgrenze
Als sich der Kanton Basel-Stadt Anfang Dezember 2021 als einziger Kanton dafür entschied, die Masken- und Sitzpflicht auch für Geimpfte und Genesene einzuführen, war es für Valentin Aschwanden vom Basler Club Das Viertel genug. «Ein Clubbetrieb ist unter solchen Bedingungen schlichtweg nicht möglich», sagt er. «Wir hätten schliessen müssen.» Doch grosse Events, u. a. mit Musiker und Produzent Jan Blomqvist, standen unmittelbar bevor. «Wir tragen die Verantwortung für 40 Mitarbeitende. Bei einer Absage wäre der wirtschaftliche Schaden enorm gewesen.» Daher entschloss sich Aschwanden kurzerhand, 500 Meter weiter in den Kanton Basel-​Land auszuweichen, wo die strenge Rege­lung nicht galt. Mit der Walzhalle in Münchenstein war innert zehn Tagen ein Ersatz als Eventlocation gefunden. «Wir wollten dabei nicht Regelungen umgehen, haben uns aber an der epidemiologischen Einschätzung aller übrigen 25 Kantone orientiert, die die Massnahme von Basel-Stadt nicht für nötig hielten. Sie konnten nicht alle falsch liegen.» Vier Events gingen sodann in der Walzhalle über die Bühne. «Es war eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. Wir konnten die Events machen, unsere Mitarbeitenden konnten arbeiten, wir brauchten weniger Kurzarbeit und finanzielle Hilfen. Alles lief zu unserer Zufriedenheit.» Im Januar 2022 wurde die strenge Regelung in Basel-Stadt aufgehoben und sie konnten zurück ins Viertel.

Zürich: Blumen statt Cocktails
Einen ganz anderen Weg gingen Elena Nierlich und Sonja Huwiler mit ihrer legendären Olé Olé Bar an der Zürcher Langstrasse. Als es nach dem Lockdown 2020 zu ersten Öffnungsschritten kam, war die Olé Olé Bar wegen der beengten Platzverhältnisse und geforderten Mindestabstände zunächst nicht davon erfasst. Nierlich und Huwiler wurden kreativ: Sie inszenierten gemeinsam mit Blumenspezialistin Kaye Anthon vom Atelier A im Innenhof und auf der Aussenterrasse der Olé Olé Bar vorübergehend einen Blumenladen. «Kaye kam auf uns zu und hat uns angeboten, eine Blumeninstallation anzufertigen», sagt Elena Nierlich. «Diese schöne Idee wollten wir gerne umsetzen, aber erst nach der Pandemie, wenn wieder richtig Betrieb auf den Strassen ist.» 2020 entschieden sie sich jedoch, den gemeinsame Pop-up-Blumenladen als eine Art Corona-Zwischennutzung zu eröffnen, den sie zwei Monate lang auch betrieben haben. «Im März dieses Jahres hat Kaye, die seit ihrer Hochzeit Zingg heisst, nun auch ihre tolle Blumeninstallation bei uns gemacht.»

Diverse Kantone: Swiss Stream als Party-Ersatz
Da die DJs während der achtmonatigen Clubschliessung keine Möglichkeit für Auftritte hatten, schlossen sich die fünf Schweizer Städte Lausanne, Bern, Zürich, Basel und St. Gallen zusammen und riefen den Swiss Stream ins Leben. Mit über 2000 Gästen besonders erfolgreich war dabei der Vorreiter Limmatstream, der die Zürcher Clubs vereint. Die Benutzerinnen und Benutzer konnten sich einen Avatar erstellen und in virtuellen Räumen an den Partys ihrer Lieblingsclubs teilnehmen. So hatten die DJs eine Möglichkeit, aufzulegen und die Nachtschwärmer konnten zumindest vom Wohnzimmer aus teilnehmen.

Zürich: Fundraising und Nachtlebenspiele
Um die Nachtlebenschaffenden zu unterstützen, hat die Zürcher Bar- und Clubkommission (BCK) einen Nachtkulturfonds gegründet. «Trotz aller Hilfen von Bund und Kantonen gab es Menschen, die durchs Raster gefallen sind», sagt Alexander Bücheli, Sprecher der BCK. «Unter dem Namen ‹Ausgeben statt ausgehen› haben wir ein Fundraising ins Leben gerufen und verschiedene Aktionen lanciert.» So z. B. das Züribrätt, ein Brett- bzw. Leiterspiel, mit dem die Spieler durchs Zürcher Nachtleben rutschen konnten. Es ist mit einer Auflage von ca. 3000 Exemplaren erschienen, die schnell vergriffen waren und mehr als 70 000 Franken einbrachten. «Insgesamt kamen bei unserem Nachtkulturfonds ca. 250 000 Franken zusammen. Das Geld haben wir den wegen der Coro­na-Massnahmen in eine Notlage geratenen Nachtlebenschaffenden unkompliziert zugeführt.» Auch in Zukunft soll der Fonds bestehen bleiben, um ausgewählte Projekte der Branche zu fördern. Daher kann man den Nachfolger des Brettspiels, das Zürcher Tanz-Quartett, weiterhin bei der BCK erwerben (zueri-tanzquartett.ch).

Lausanne: Vom Club- zum Gastrobetrieb
Einige Locations haben ihre Räumlichkeiten während der Pandemie den Gegebenheiten angepasst, um von den etwas lockereren Bestimmungen für Bar- und Restaurantbetriebe profitieren zu können. So hat u. a. der Mad Club in Lausanne in seinen Räumen kurzerhand ein Restaurant eröffnet. Oder die Kanzlei in Zürich stellte konsequent auf Barbetrieb um.

Daten Bar- & Clubkommission
Grafik appwork

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